LTS bringt Ausstellung gegen Antisemitismus nach Biedenkopf

Mit bewegenden Reden und jiddischer Musik eröffneten LTS-Schüler gemeinsamem mit den Lehrkräften Steffen Weidmann und Tobias Weißenborn sowie Bürgermeister Jochen Achenbach am vergangenen Dienstagabend die Ausstellung „Du Jude – Alltäglicher Antisemitismus in Deutschland“ im Sitzungssaal des Rathauses in Biedenkopf. Dabei gestalteten die Q2-Schüler Maya Wege am Gesang, Lea-Marie Scherer am Klavier, Pelle Sander an der Klarinette, Hanna Wolf am Cello und Jule Weimann zusammen mit Musiklehrerin Bianca Nassauer an der Querflöte das musikalische Rahmenprogramm und begleiteten die Besucher mit traditionellen jiddischen Liedern sowie Stücken aus der Klezmer durch die Veranstaltung.

Für Bürgermeister Jochen Achenbach bedeutete die Musik jedoch nicht nur eine Eröffnung, sondern aus seiner Sicht erzähle sie von Kultur, Geschichte und Leben. „Und das alles ohne Worte“, so Achenbach. Mit einem erschreckenden Zitat aus dem Hinterländer Anzeiger vom 22. November 1938 erinnerte Achenbach an antisemitische Hetze der Nationalsozialisten aus der Vergangenheit, die sich nicht nur in Großstädten, sondern genauso auch hier in Biedenkopf zunächst eingeschlichen habe, dann zur Gewöhnung und letztendlich zum Alltag geworden sei.

Umso dringlicher sei das Schaffen von Räumen auch in Biedenkopf, in denen über Antisemitismus und dessen Folgen aufgeklärt werde. Dies versuche auch die derzeitige Ausstellung, die durch LTS-Lehrkraft Steffen Weidmann und seinen Kontakt zur Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit e.V. nach Biedenkopf geholt worden sei, betonte Achenbach. Weidmann, der an der Lahntalschule die AG „Schule mit Courage“ leitet, erläuterte, dass sich die LTS-Schüler sowohl mit allen Arten der Ausgrenzung und des Extremismus beschäftigt hätten als auch das Ziel einer zertifizierten Schule mit Courage anstreben würden. Dabei verwies Weidmann auch auf die Gründung gleichwertiger Arbeitsgemeinschaften an weiteren Schulen in Biedenkopf wie beispielsweise der Beruflichen Schule. So sei es gerade in Anbetracht der aktuellen auch internationalen Ereignisse wie der Eskalation des Nahostkonflikts wichtig, extremistische, antisemitische und damit menschenfeindliche Strukturen offenzulegen und zu thematisieren. Nur mit einer vorurteilsfreien Offenheit werde es möglich, gesellschaftliche Spaltungen und Konflikte zu verhindern sowie diskriminierende Gedanken abzubauen, erläuterte Weidmann. An dieser Stelle wolle die Ausstellung auch mit Blick auf den Unterricht in den Schulen ansetzen.

Inhaltlich präsentiert die Ausstellung Erfahrungen und Schilderungen dreier jüdischer Protagonistinnen, die ihre Perspektiven auf den alltäglichen Antisemitismus in Deutschland sowie weltweit offenlegen.

Welche antisemitischen Spuren der Nationalsozialismus auch ganz regional hinterließ, verdeutlichte auf beeindruckende Weise LTS- Geschichtslehrer Tobias Weißenborn, der die Arbeitsergebnisse einer Schülerin seines WU-Geschichtskurses zur Lebensgeschichte der ermordeten Jüdin Hermine Schaus aus Breidenbach vortrug. Zusätzlich verdeutlichte ein kurzer Videoausschnitt eines Interviews mit einer Zeitzeugin, die Hermine Schaus noch persönlich kannte, welche dramatischen Auswirkungen die nationalsozialistische Hetze im alltäglichen Leben der Breidenbacher tatsächlich hatte.

Mit großem Dank an die Stadt Biedenkopf, die Schulleitung der Lahntalschule sowie alle Mitwirkenden erklärte Steffen Weidmann die Ausstellung als eröffnet und lud die Besucher zum Perspektivwechsel und intensiven Gesprächen ein.

Die Ausstellung, die vom Verein der Freunde und Förderer der Lahntalschule Biedenkopf sowie der V+R-Bank gesponsert wird, ist nun drei Wochen lang für Schulklassen aus Biedenkopf im Rathaus zugänglich und bietet eine intensive Auseinandersetzung mit alltäglichem Antisemitismus in Deutschland aber auch auf internationaler Ebene an. Sie setzt damit ein Zeichen gegen menschenverachtende Strukturen und leistet somit einen gesellschaftsbildenden Beitrag, der wichtiger denn je geworden ist.