Elfjähriger entwickelt klimaneutrale Sauerstoff-Wärme-Anlage

 Elfjähriger entwickelt klimaneutrale
Sauerstoff-Wärme-Anlage

Biedenkopf (sval). Jannis Müller weiß genau, was er will: Nämlich zum Mars! Dass das in seinem Falle nicht nur ein lapidarer Kindertraum ist, hat der Elfjährige nun mit dem hessischen Landessieg bei der Schülervariante des Wettbewerbs „Jugend forscht“ bewiesen. Errungen hat er diesen mit einer selbst entwickelten klimaneutralen Sauerstoff-Wärme-Anlage. „Auf dem Mars gibt es ja keinen Sauerstoff und es ist viel zu kalt. Deswegen habe ich mich gefragt, was ich machen muss, um das zu ändern“, erzählt er von den Anfängen seiner Forschung. „Man könnte zum Beispiel Gold mit Kohlendioxid beschießen“, berichtet er weiter von einem Experiment der NASA, auf das er bei seinen Recherchen im Internet gestoßen ist. Die Raumfahrtbehörde hatte herausgefunden, dass Kohlendioxidmoleküle in ihre Bestandteile Sauerstoff und Kohlenstoff zerfallen, wenn sie mit hoher Geschwindigkeit auf eine reaktionsträge Oberfläche wie eben Gold auftreffen. Weil das für einen Elfjährigen doch etwas aufwendig umzusetzen ist, hat sich Jannis für einen anderen Weg entschieden und Chemielehrerin Daniela Heinrich-Stiller von der Lahntalschule Biedenkopf um Rat gefragt. Sie hat in der Vergangenheit mehrfach Schülerinnen und Schüler gefördert, die an Wissenschaftswettbewerben teilgenommen haben und wurde dafür unter anderem als beste Lehrerin Deutschlands ausgezeichnet. „Wir haben uns eine Dreiviertelstunde lang unterhalten und in dieser Zeit hat mir Jannis so unfassbar viele Ideen erzählt, dass mir klar wurde, über welches Allgemeinwissen er verfügt“, erinnert sich Heinrich-Stiller an ihre erste Begegnung mit dem Elfjährigen. Für sie war schnell klar, ihn unterstützen und ihm bei seinem Sauerstoffproblem helfen zu wollen. Deswegen regte sie an, er solle es doch einmal in Richtung Photosynthese versuchen – also der Umwandlung von Kohlendioxid in Sauerstoff durch Pflanzen. Nach einigen ersten Versuchen mit Kresse, haben sich die beiden schließlich dafür entschieden, mit der Efeutute weiter zu experimentieren. Diese sei sehr widerstandsfähig und produziere dank der großen Blattoberfläche auch viel Sauerstoff, erklärte Heinrich-Stiller. Unterstützung erhielten sie dabei von Carsten Christ von den Beruflichen Schulen, der einen Glaskasten mit den erforderlichen Anschlüssen versah, um den durch die Pflanzen produzierten Sauerstoff abzutransportieren und neues Kohlendioxid einleiten zu können. „Am Anfang hatten wir ja gedacht, dass es einen Kühleffekt gibt, wenn das Wasser verdunstet“, erinnert sich Jannis. Aber das Gegenteil sei der Fall gewesen: Bei der Photosynthese erzeugte die Pflanze nicht nur Sauerstoff, sondern auch Wärme. Doch das war nicht das Einzige, was er herausgefunden hat. Ebenso stellte er fest, dass die Sauerstoffproduktion von der Lichteinstrahlung abhängt. „Je mehr Licht da ist, umso mehr Sauerstoff wird auch produziert“, fasst er seine Erkenntnisse aus den Versuchen zusammen. Zudem entdeckte Jannis, dass die Pflanzen ein Überangebot an Sauerstoff nicht mögen. Leitete er nämlich Sauer-, statt Stickstoff in den Kasten ein, zeigte die Efeutute sogar Vergiftungserscheinungen. All das hat der Elfjährige, wie es sich für einen Wissenschaftler gehört, dokumentiert und in einem richtigen Forschungsbericht zusammengefasst, mit dem er am Ende auch die Jury des Landeswettbewerbs Jugend forscht überzeugte. Deren Vorsitzender Hans-Friedrich Breithaupt würdigte in seiner Laudatio auf Jannis Leistungen die „stringente Folge von Experimenten und die daraus gewonnenen Schlussfolgerungen sowie den interdisziplinären Versuchsaufbau.“ Dafür wurde Jannis nicht nur mit dem mit 300 Euro dotierten Hauptpreis belohnt, sondern erhielt auch noch den Sonderpreis Klimaschutz und Energie der Vereinigung Deutscher Ingenieure, weil er seine Forschung in den aktuellen Kontext des Natur- und Umweltschutzes eingebettet hatte. Und auch Daniela Heinrich-Stiller durfte sich freuen: Für die Unterstützung Jannis wurde sie mit dem Betreuerpreis ausgezeichnet. Entsprechend stolz ist sie auf ihren jungen Schützling. „Womit sich Jannis da beschäftigt hat, gehört eigentlich zum Lehrstoff der Oberstufe“, verdeutlichte sie die Leistungen des Fünftklässlers. Sein Alter dürfte bei der Entscheidung der Jury durchaus auch eine Rolle gespielt haben. Denn mit seinen elf Jahren gehörte Jannis zu den jüngsten Teilnehmern des Wettbewerbs, an dem Schüler bis zu einem Alter von 14 Jahren teilnehmen können. „Da ist man wirklich gespannt, wie du dich weiter entwickelst“, schloss sich auch Schulleiterin Sabine Schäfer-Jarosz den Glückwünschen an den Elfjährigen an. Der will sich aber auf seinen Lorbeeren nicht ausruhen und hat schon die nächsten Ziele ins Visier genommen: Seinen Forschungsbericht hat er nämlich auch beim Bundesumweltwettbewerb eingereicht. Eine Entscheidung, ob er dazu zugelassen wird, wird aber erst im Mai gefällt. Aber selbst wenn das nicht der Fall sein sollte, gehen Jannis Müller die Ideen so schnell nicht aus. Unter anderem überlegt er etwa an einer durchsichtigen Solarzelle, die man auf ein Handydisplay auftragen kann. „So könnte sich das Handy dann selbst mit Strom versorgen“, erklärt Jannis. Und auch sein Traum vom Flug zum Mars ist keineswegs ausgeträumt. Denn Jannis hat sich mittlerweile auch bei der Europäischen Raumfahrtorganisation ESA beworben.