Ein Tag lang „mind, brain and behaviour“ – Projekttag der Bio-LK Q3
Im Rahmen der Thematik „Neurophysiologie und Verhaltensbiologie“ haben die beiden Bio-LK der Q3 (Kern/Blum) einen Projekttag in Marburg verbracht.
In der einen Tageshälfte wurde die Arbeitsgruppe in der „Spezialambulanz für Autismus Spektrum Störungen“ in der kinder- und jugendpsychiatrischen Einrichtung in Marburg besucht. Nach einem spannenden Input-Vortrag der psychologischen Psychotherapeutin Dr. Sanna Stroth zu neurophysiologischen Entwicklungen bei Kindern und verschiedenen autistischen Störungen konnten die Schüler*innen unterschiedliche Methoden zur Diagnostik von Autismus bei Kindern und Jugendlichen kennenlernen und ausprobieren. So wurde mit der „NIRS“-Kappe (Nahinfrarot-Spektroskopie) während bestimmter Tätigkeiten die Aktivität der Gehirnareale registriert, mit dem Eye-Tracker die Augenbewegungen beim Betrachten von Bildern und Lösen von einfachen Aufgaben aufgezeichnet und die Technik des „Motion capture“ kennen gelernt. Diese Technik, an der die Wissenschaftler*innen zur Zeit noch tüfteln, soll dann über spezielle Kameras komplexe Daten über das Bewegungsverhalten von Versuchspersonen erheben, die in der Auswertung bei der Diagnose des Autismus-Krankheitsbildes helfen sollen.
Ausschnitte und „Making of“ von Blockbustern wie „Avatar“, „Herr der Ringe“ oder „Fluch der Karibik“, in denen die Technik des Motion capture angewendet wurde, zeigten, wie komplex und aufwändig diese Technik ist.
Ein verblüffendes Experiment lernten die Schüler*innen mit der “Gummihand-Illusion“ kennen, bei der ihre Hand mit einem Pinsel gestreichelt wurde, ohne dass sie diese sehen konnten. Zeitgleich wurde eine Gummihand gestreichelt, die deutlich sichtbar vor der Versuchsperson lag. Tatsächlich lässt sich so das Körpergefühl manipulieren, so dass durch Verknüpfen der Körperwahrnehmungen „Sehen“ und „Fühlen“ die Probanden schon nach kurzer Zeit tatsächlich glaubten, dass die Gummihand die eigene, echte Hand ist.
Den zweiten Teil des Tages verbrachten die Leistungskursler*innen im „Center for Mind, Brain & Behaviour“ (CMBB) in der Neurophysik der Uni Marburg. In der Arbeitsgruppe auf den Lahnbergen arbeiten Wissenschaftler aus Fachbereichen wie Biologie, Physik, Informatik, Biochemie, Medizin etc. zusammen in der Grundlagenforschung und entwickeln zu bestimmten Fragestellungen Experimente, deren Ergebnisse und Erkenntnisse später Anwendung in medizinischen, pharmazeutischen und therapeutischen Bereichen finden können.
Unsere Schüler*innen bekamen Einblicke in neurophysiologische Untersuchungen an Heuschrecken, die, eingespannt in komplizierte Apparate, auf vielfältige Weise Reizen ausgesetzt wurden, konnten sich mit der VR-Brille („virtual reality“) im virtuellen Raum bewegen. Auch das Registrieren von Augenbewegungen mit Hilfe komplizierter technischer Ausrüstung („Eye see cam“) gehörte zum Tagesprogramm. „Neben sehr teuren technischen Geräten gehört aber auch viel Bastelei mit Material aus dem Baumarkt zu unserer Arbeit“, schmunzelt Arbeitsgruppenleiter Dr. André Kaminiarz, der auch den einleitenden Kurzvortrag gehalten und die abschließende Feedback-Runde geleitet hat.
Für die Schüler*innen war es ein toller Tag mit vielen Eindrücken und Einblicken in die universitäre Arbeit in Grundlagenforschung und Anwendung, der gezeigt hat, wie vielfältig und spannend Wissenschaft sein kann. Dank der Vorkenntnisse aus dem unterrichtlichen Zusammenhang konnten sie den Projektvorstellungen folgen und schlaue Fragen stellen. Am Ende des Tages zeigten sich einige der Schüler*innen interessiert daran, die Fachbereiche im Rahmen eines Praktikums näher kennen zu lernen und nach dem Abi vielleicht ein naturwissenschaftliches Studium anzustreben. Vielen Dank an die Arbeitsgruppen in der Neurophysik und in der KJP, die uns eindrücklich gezeigt haben, mit wieviel Leidenschaft und Empathie Forschung betrieben werden kann!